Das Velo war Heilsbringer und Höllenmaschine zugleich, Fortschritt und Niedergang in einem. Als «Sozialrevolutionär» feierte ein New Yorker Journalist das neue Verkehrsmittel. Als einen «Apostel des Völkerfriedens» bezeichnete es gar der Potsdamer Schriftsteller Eduard Bertz in seinem Buch «Philosophie des Fahrrads».
Andere fürchteten die Verrohung der Sitten, den Verfall der Traditionen und den schädlichen Einfluss auf die Gesundheit. Mediziner diagnostizierten absurde Krankheitsbilder. Das Velo wurde für Herz- und Lungenkrankheiten verantwortlich gemacht, für Gehfehler, für krumme Rücken, Arme, Beine und Zahnfleischbeschwerden. Besonders hoch im Kurs stand das «Fahrradgesicht». Ärzte befürchteten, dass sich die angespannte Mimik während des Velofahrens derart ins Gesicht einbrennen würde, dass es sich dauerhaft verformen könne. Diese Gefahr bestünde vor allem bei Frauen – für manche ein sehr gelegenes Argument, um Frauen vom Velofahren abzuschrecken.
„Republik„, Von Ingwar Perowanowitsch
Alle haben eine schöne Erinnerung an ihr Leben mit dem Fahrrad. Warum die wiederentdeckte Art sich zu bewegen auf soviel Gegenwehr von Teilen der Gesellschaft stößt, ist Thema des oben verlinkten Artikels aus der Schweiz. Unbedingt lesenswerter Zeitvertreib mit Vorlesefunktion und Aha-Effekt.
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